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23.05.2022 Kategorie: Angedacht

Siegerhymne

Bei den Fans des englischen Fußballvereins FC Liverpool gibt es den Spruch: “They only win, when we are singing!“ – also auf Deutsch: “Sie gewinnen nur, wenn wir, die Fans, singen!” Und was werden sie wieder singen im Champions-League-Finale in Paris gegen Real Madrid!

Eine Fußballmannschaft spielt tatsächlich besser, wenn eine Wand aus Fans hinter ihnen steht und mit ihren Gesängen ein Gefühl vermittelt, das die Mannschaft motiviert und nach vorne treibt. Singen hat Macht! So dass man tatsächlich sagen könnte: Wer singt, gewinnt!

Aber, was ist das überhaupt: Singen? Musik ist etwas ganz Seltsames. Man kann sie nicht anfassen, man kann sie nicht sehen, nicht riechen, nicht schmecken. Im Lexikon heißt es: Musik ist „die organisierte Form von Schallereignissen“. Eine „unorganisierte Form von Schallereignissen“ müsste demnach der Schulhoflärm in einer großen Pause sein oder das Getöse auf unserem Kindergartengelände während der Draußenspielzeit. Gesang (auch: Singen) ist laut Lexikon der „musikalische Gebrauch der menschlichen Stimme und wahrscheinlich die älteste und ursprünglichste musikalische Ausdrucksform des Menschen.“ Musik und Gesang gehören offenbar ganz tief verwurzelt zu unserem Menschsein dazu.

Wenn wir Töne in einer bestimmten Reihenfolge und einem bestimmten Rhythmus hören, dann erzeugt das bei uns Gefühle. Und wenn wir dieses Gefühl schön finden, dann versuchen wir, diese Tonfolge selbst mit unseren Stimmbändern nachzumachen. So können wir das gute Gefühl jederzeit reproduzieren und unseren Körper mit den Tonschwingungen beeinflussen. Genau deshalb singen wir unter der Dusche, beim Baden, beim Putzen, in der Garage, im Auto, weil Singen positive Gefühle in uns auslöst.

Musik beeinflusst unsere Stimmungen, unsere Gefühle, bis hin sogar zu organischen Störungen, die durch Musik wieder geheilt werden. Man hat sogar wissenschaftlich nachgewiesen, dass Musik körperliche Prozesse in Gang setzt, so dass sich unsere Gehirnhälften besser vernetzen und körperliche Fehlhaltungen aufgehoben werden.

Das gilt schon für das Hören von Musik und noch in viel stärkerem Maße für das persönliche Singen! Es ist tatsächlich erwiesen: Menschen, die viel singen, werden intelligenter und gesünder! Deshalb müsste es eigentlich 10 Gottesdienstbesuche auf Rezept geben. Deshalb singen wir auch immer im Konfirmandenunterricht, im Bibelkreis oder im Gottesdienst – zumindest, wenn nicht gerade Corona-Alarm herrscht. Wer nicht singt, versinkt, aber wer singt, gewinnt!

Ich musste im Konfirmandenunterricht noch einige Liedstrophen auswendig lernen. Und meine Mutter musste noch viel mehr auswendig lernen. Warum? Damit man immer genug Worte hat, um Gott zu loben. Selbst wenn wir vor lauter Demenz einmal nicht mehr wissen, wer wir sind und wie wir heißen, sind diese alten Liedverse hoffentlich so tief in unserem Hirn verankert, dass sie uns dann wieder einfallen, wenn es ans Abschiednehmen geht. Und wir haben sie dann gleich parat, wenn wir im großen Himmelschor stehen und Gott anbeten, ihn loben und gemeinsam die Siegerhymne anstimmen.

Foto: Wolfgang Heubeck / www.pixabay.com

Beitrag von Frank Wesemann