Nachrichten Ansicht

News

21.11.2016 Kategorie: Angedacht

Sperrmüll

Altlasten des Lebens

Gerade war es bei uns mal wieder so weit: Wir hatten Sperrmüll angemeldet. Sechs Wochen später sollte er abgeholt werden. Bis Montagfrüh 6:30 Uhr musste alles an der Straße stehen. Also wurde in den Tagen vorher überall nachgesehen, was vielleicht nun endlich doch mal entsorgt werden müsste. Am Sonntagnachmittag stapelte ich alles formschön, ordentlich, sicher und aufgeräumt an den Gartenzaun. Kaum hatte ich damit angefangen, fuhr schon ein freundlicher Osteuropäer mit seinem Lieferwagen vor. Ich sagte ihm zwar, dass er wohl nichts Brauchbares finden dürfte. Aber er verstand mich nicht und fand dafür Einiges, was er noch gebrauchen konnte. Als ich am Abend nach Hause kam, sah der schön und akkurat aufgebaute Sperrmüll gar nicht mehr so toll aus. Plünderer hatten nach Plunder gesucht und dabei wenig Rücksicht auf meine ausgeklügelte Müllhaufenordnung genommen. Der hässliche Tisch, der kaputte Schreibtischstuhl, das rostige Fahrrad, der schrottige Sonnenschirm, die abgebrochene Astschere und das gammelige Minitrampolin: Alles war weg. Dafür hatte jemand zwei alte Matratzen, ein Rollo und eine defekte Schreibtischlampe dazugestellt. Besser als der Backofen und besser als die vier alten Autoreifen vom letzten Mal, die die Müllwerker natürlich nicht mitgenommen hatten und die dankenswerter Weise die Autowerkstatt um die Ecke kostenlos für uns entsorgte.
Manchmal ist es einfach nötig, sich von alten und kaputten Dingen zu trennen. Sie rauben sonst Platz und Nerven und nehmen uns den Raum für Neues. So wie wir regelmäßig unseren Müll entsorgen sollten, müssten wir uns auch von manchen Altlasten trennen, die wir durch unser Leben schleppen: Unzufriedenheit, Stress, schlechte Laune, Herzenskälte, Egoismus, Selbstherrlichkeit, Beratungsresistenz, schlechte Angewohnheiten, Selbstverliebtheit, Abhängigkeiten, Dummschwätzigkeit und Besserwisserei. Und was uns sonst gerade einfällt: Weg damit! Bleib nicht dran hängen! Stell es an den Zaun! Auch deinen Sondermüll! Und dann kommt einer, der es wegnimmt und aus der Welt schafft. Er stellt auch ganz sicher keinen neuen Müll dazu, sondern räumt deinen Müll komplett weg. Ohne Müllauto und Müllmannorange. Ohne sechswöchige Wartezeit. Er kam extra zur Welt, damit die Welt zu ihm kommt. Er wurde in der Besenkammer geboren und auf einem Schutthügel gekreuzigt. Damit wir unsern Müll nicht mit ins Grab nehmen, sondern an ihn abgeben und befreit leben dürfen. Wer das ist? Der, den wir erwarten, einmal darfst du raten!

BettinaF / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann
Dateien:
Sperrmu__ll.pdf