Nein, ich war noch nie in Westerland auf Sylt. Aber dieser alte Hit der Ärzte kam mir jetzt am Ende der Ferienzeit in den Sinn. Sehnsucht nach Sommer, Sonne, Strand und Meer, nach Entspannung, Nichtstun und Muße, nach Ruhe und einem seichten Leben im Siesta-Modus, nach NIVEA-Duft und Autan-Gestank, nach Sommerbräune und abheilenden Mückenstichen: Ganz klar: Ich will zurück nach Westerland!
Aber es ist doch auch seltsam, dass Viele die vielleicht schönste Zeit des Jahres mit Krankheiten beschreiben: Reisefieber, Fernweh, Heimweh, Urlaubsstress, Reiseübelkeit. Der Erholungszwang und Urlaubsdruck scheint krank zu machen. Man muss zur richtigen Zeit bei richtigem Wetter am richtigen Ort sein. Beim Urlaubslotto hat man nicht immer Glück. Mal fällt der Campingurlaub ins Wasser, mal ist der Strand so brechend voll, dass man den Urlaub am liebsten abbrechen will.
Im Land der Urlaubsweltmeister ist Urlaub ein Muss. Man kann es sich einfach nicht leisten, nicht in den Urlaub zu fahren. Man selbst und die Kinder sollen mitreden können, wenn jetzt wie selbstverständlich gefragt wird: Und, wo wart ihr im Urlaub? Baggersee und Balkonien statt Balearen und Ballermann? Hauptsache, man ist dem schnöden und langweiligen Alltag entkommen wie eine Maus der Katze.
Aber ist der Alltag wirklich so schlecht? Geschieht das echte Leben etwa nur im Urlaub? Was ist dann der Rest des Jahres? Abgesessene und sinnlose Zeit? Sicher nicht! Um dem verbreiteten Urlaubsdruck und Erholungszwang zu entgehen, kann es helfen, den Alltag und das Hier und Heute als ein Gottesgeschenk wieder neu zu entdecken. Nicht der Urlaub ist die eigentlich Zeit, sondern das Hier und Jetzt. Heute kann ich an den Herausforderungen wachsen, die mir gestellt sind. Heute kann ich Zweifel erleiden und überwinden. Heute kann ich Wunder erleben und neue Erfahrungen auch im Glauben sammeln. Heute kann ich Gutes tun, einen Streit beenden, mich versöhnen, eine Sache klären, etwas Bedeutendes abschließen oder beginnen. Heute kann ich ändern, was ich schon lange ändern wollte. Heute kann ich Prioritäten setzen, Ziele umsetzen, Hindernisse absetzen. Weil jeder Tag meines Lebens ein Geschenk Gottes ist.
Ob es nun der Alltag ist, der für Viele nun wieder beginnt, oder der sonnige Urlaubstag in Westerland: Beides ist als ein Geschenk Gottes zu nehmen und zu leben. Weil beides gleich wichtig und wertvoll ist. Vielleicht hilft Ihnen in den nächsten Tagen auch dieses kurzes Gebet: "Herr, ich werde nicht ängstlich oder lustlos in den Tag gehen. Ich werde gespannt sein, was du heute mit mir vorhast!"

Erich Westendarp / www.pixelio.de