In der Osterwoche waren wir in diesem Jahr wieder beim "Spring" in Willingen. Was sich wie ein Event für Sportbegeisterte anhört, ist in Wahrheit das große Familienferienfestival der Deutschen Evangelischen Allianz. Rund dreitausend Teilnehmer jeden Alters reisen aus der ganzen Republik an, um ihrer Spiritualität neuen Schwung zu geben, den geistlichen Akku aufzuladen oder einfach fünf Tage mit supernetten Leuten Gemeinschaft zu haben. Am Vormittag kann man Andachten und Bibelarbeiten besuchen, am Nachmittag Seminare und Workshops und am Abend Diskussionsrunden und Konzerte. Man kann aber auch genauso gut den Hausberg hochwandern, Seilbahn oder Sommerrodelbahn fahren, eine Brauereiführung mitmachen, in die Eislaufhalle gehen oder sich über eine der längsten Hängebrücken in Hundert Metern Höhe trauen. An einem Abend hatte ich mich aus dem reichhaltigen Programm für das Thema Sunrise und Sunset - von der Energie des Anfangens und des Aufhörens entschieden. Gerade als es losgehen sollte, quetschten sich noch drei ältere Geschwister aus dem Osten an mir vorbei. Die beiden Seniorinnen gingen nach ein paar Minuten wieder, weil sie wohl merkten, in der falschen Veranstaltung zu sitzen, und quetschten sich wieder an mir vorbei. Was mich nervte und meine grenzenlose Geduld und Nächstenliebe auf die Probe stellte. Also versuchte ich weiter, etwas von der Energie des Anfangens und des Aufhörens mitzubekommen. Neben mir sitzengeblieben war der ältere, kleine und rundliche Herr, der mir bauartbedingt unangenehm nahekam. Und er roch, wie ältere Herren manchmal riechen. Nicht gänzlich unangenehm, aber eben alt. Ich versuchte, mich weiter auf das Thema zu konzentrieren, als ein Mann direkt hinter mir zu husten anfing. Nicht nur so ein wenig, sondern so, dass man ihn in der heißen Corona-Phase aus dem Verkehr gezogen und isoliert hätte. Nun saß er hinter mir und hustete. Und hustete. Ich sah mich den Rest der Woche schon im Bett liegen. Hustend und frustriert. Natürlich hätte ich aufstehen und gehen und mir irgendwo einen anderen Platz suchen können. Wäre nicht so nett, aber möglich gewesen. Aber ich gebe nicht gern auf, was nicht immer eine Stärke sein muss. Also hielt ich aus. Ich atmete so langsam wie möglich, um weder den miefigen Bruder aus dem Osten neben mir riechen zu müssen noch zu viele Viren des unbekannten Husters hinter mir in mich aufzunehmen. So hatte die Energie des Aufhörens einen ziemlich langen Atem. Als das Podium zum Ende kam und der höfliche Applaus endete, verabschiedet man sich auf einem christlichen Festival natürlich auch freundlich von seinen Sitznachbarn. Als ich meinem kleinen dicken Freund einen schönen Abend gewünscht hatte, lächelte er mich an und sagte in breitem Sächsisch: Schön, dass du da warst! In dem Moment traf mich der Gummihammer der Gnade Gottes und ich war ziemlich gerührt, dass mir dieser Bruder, für den ich nicht die freundlichsten Gedanken übriggehabt hatte, so etwas Nettes mit auf den Weg gab. Auch wenn ich mich unwohl fühlte, haderte, murrte, innerlich wie ein kleines Kind jammerte, mich auf meiner Selbstmitleidsparty müde getanzt und vom eigentlichen Thema kaum etwas mitbekommen hatte, retteten mir die Worte des alten Mannes den Tag, weil ich durch sie Gott selbst reden hörte. Schön, dass du da bist! Auch wenn du unzufrieden, nörgelig, schlecht drauf, gefrustet, einsam, sorgenvoll oder sonstwie mürrisch bist: Gott sagt auch zu dir: Es ist schön, dass du da bist!
Tipp für deinen Alltag: Wenn du einem anderen heute den Tag retten willst, sprich ihm das doch einfach zu und freue dich dann, wenn er oder sie sich freut: Schön, dass du da bist!

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