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23.10.2023 Kategorie: Angedacht

Ermöglichungsverhinderer

Glaube statt Verwaltung

Am frühen Morgen machten wir uns auf zum Braunschweiger Bahnhof. Die eine Tochter startete um 6.10 Uhr in den östlichsten Zipfel unserer Republik. Die andere wollte eine Stunde später Richtung Berlin aufbrechen. Wir wollten nur noch schnell für sie ein Deutschlandticket holen - und damit begann das Problem. An sämtlichen Ticketautomaten gab es zwar viele Tickets. Nur nicht das eine, das unser Land grüner und besser machen soll. Also freundlich bei der Dame an der Info nachgefragt. Mit liebevoller Zärtlichkeit putzte sie gerade ihre Handyhülle und gab uns die Auskunft, dass es das nur online gibt. Ach so, danke, ist ja toll. Das hatten wir nur gerade schon minutenlang ausprobiert. Das Problem war, dass die Tochter noch nicht 18 Jahre alt ist und deshalb keine Einzugsermächtigung erteilen darf. Leider war das die für uns einzig mögliche Zahlart. Es war unmöglich, meine Bankdaten einzutragen. Also haben wir gewartet, bis das Kundenzentrum öffnet. Dort erklärte uns die freundliche Mitarbeiterin, dass wir mit diesem Problem nicht allein dastehen. Geduldig erklärte sie uns den Weg, wie wir auf gut versteckten Pfaden in der Bahn-App doch noch ans Ziel kamen und die Tochter das Ticket mit meinen Zahlungsdaten für sich buchen konnte. Fazit: Einfach geht einfach nicht. Mal eben schnell ein Ticket holen: Unmöglich.

Ich dachte an meinen letzten Besuch beim Landkreis, als ich für einen kurzen Verwaltungsakt eine Stunde im Wartebereich zubrachte. Trotz weniger Kunden und vieler Büros passierte nichts. Wenigstens ging es mir nicht wie dem armen Bürger, der statt im Kreishaus auf der Zulassungsstelle schräg gegenüber auf das Erscheinen seiner Ticketnummer gewartet hatte. Als er dann im richtigen Haus dem grimmigen Pförtner sein Missgeschick erklärte, meinte der nur, er müsse einen neuen Termin buchen. Nunja, online hat die Führerscheinstelle erst in drei Monaten etwas frei.

Neben meinen Gedanken, ob die Bahn oder der Öffentliche Dienst nicht viel mehr Professionalität, Bürgerfreundlichkeit und Konkurrenz nötig hätten, um besser zu werden, fiel mir meine Institution Kirche ein. Auch so ein Verwaltungsschlachtross aus alter Zeit. Ein schwerer Tanker in schwerer See, unfähig, sich den Gegebenheiten schnell anzupassen. Auch hier wird Mögliches verhindert, was Gebäude und Personal angeht. Die Arbeitslast wird auf immer weniger Schultern verteilt, und statt zu investieren, wird zusammengestrichen. Das rächt sich spätestens dann, wenn einer die Kirche dann doch mal braucht, aber weit und breit keiner mehr da ist. Oder erst in drei Monaten einen Termin frei hat. Nicht nur Bahn und Bürgerämter brauchen Kundenfreundlichkeit. Auch die Kirche als ganze hat das neu nötig. Sie soll nicht ihren Niedergang aktiv vorantreiben, sondern Räume, Gemeinschaft und Hoffnungsquellen ermöglichen. Sie soll das Unmögliche, dass Gott Menschen ganz neu begegnet, ermöglichen, und das tun, wozu sie da ist: Den rettenden Glauben in den Menschen wecken und stärken.

Gerade schreibt die eine Tochter, dass der Regionalzug nicht eine Minute auf den Fernzug warten konnte und sie nun eine Stunde in Dresden festsitzt, obwohl sie an der Uni sein müsste. Ist das nun persönliches Pech - oder Unfähigkeit und Kundenunfreundlichkeit der Bahn? Auf jeden Fall ist es eine ärgerliche Ermöglichungsverhinderung!

Foto: Pexels / www.pixabay.com

Beitrag von Frank Wesemann