Da man auch in meinem Alter aufmerksam durch den Alltag stolpern sollte, fiel mir im Angebotsblättchen des Lebensmittelladens um die Ecke eine Seite auf, die Werbung für Herbstgebäck machte. Herbstgebäck? Nie gehört. Bevor ich den Gedanken fasste, die backaffinen Landfrauen um Beratung zu bitten, stellte ich mir vor, was mit Herbstgebäck gemeint sein könnte. Ich kam auf Kürbiskekse, Erntedankkuchen, Lutherstollen, St. Martins-Muffins oder Laternenkonfekt. Und die womöglich beliebten Nebelherzen. Aber nichts davon war gemeint. Ich ahnte es schon: Irgendein schlecht bezahlter Werbetexter muss in das sprachliche Kuriositätenklo gegriffen und mit verbundenen Augen diesen Begriff aus dem Abflussrohr gezogen haben: Herbstgebäck. Und dann noch die schlecht angespielte Überschrift: Oh du süßes Herbstgebäck. Ich ergänze und kritisiere damit die Sache und keine Person: Oh du unfröhliche Blödigkeit!
Bei näherem Hinsehen stellte sich heraus, dass es sich beim Herbstgebäck um Lebkuchenherzen, Kokosmakronen, Stollenkonfekt, Domino-Steine und Zimtsterne handelte. Verräterisch nur, dass auf den Verpackungen keinerlei Herbstsymbolik zu sehen war, sondern Christbaumkugeln, Glocken, Herzen, Weihnachtsbäume und Schneeflocken. Es handelt sich also um Produkte, die man sich gewöhnlich in der Adventszeit im Dezember bzw. der Weihnachtszeit ab 25. Dezember schmecken lassen sollte. Stattdessen stolpert man schon Ende August, als draußen 30 Grad herrschen, drinnen über die saisonalen Backprodukte für die kalte Jahreszeit und kann ihnen, nachdem man den Oktoberfestköstlichkeiten gerade noch ausweichen konnte, kaum aus dem Weg gehen.
Ich weiß: Der Handel bedient nur, was die Kunden wünschen. Appelle, den Süßkram erst Mitte November zu platzieren, würden sowieso nichts bringen. Schade nur für die Kunden, die diese Waren erst kaufen, wenn sie dran sind. Denn wenn sie Pech haben, sind sie dann schon wieder weggeräumt und mussten Platz machen für Silvesterböller und Osterköstlichkeiten. Aufregen lohnt nicht. Schließlich gibt es wirklich wichtigere Probleme. Aber wenn man das Gespür für richtige Zeiten verliert und man verlernt hat, Jahreszeiten und kirchliche Festzeiten zu achten, kommt das Leben aus dem Takt und man verliert seinen Rhythmus. Und mit Rhythmusstörungen jeder Art ist bekanntlich nicht zu spaßen.

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