Er gehört zu fast jedem englischsprachigen, weihnachtlichen Liebesroman oder Liebesfilm dazu: Der Mistelzweig. Die ganze Handlung der Geschichte läuft auf den alles entscheidenden Moment zu, wenn Held und Heldin sich unter dem Mistelzweig treffen und es zu dem ersehnten ersten Kuss kommt. Manche pfiffigen Junggesellen haben in der Weihnachtszeit immer einen Mistelzweig dabei, den sie plötzlich in die Höhe halten, wenn sie vor einer küssenswerten Dame stehen. Ob sie damit Erfolg haben, entzieht sich meiner Kenntnis. Jemand, der sich mit dem Mistelzweig auskennt, schreibt: „Der Mistelzweig ist Voraussetzung für dieses an sich unmoralische Verhalten, und streng genommen gilt diese Kussfreiheit auch nur so lange, wie sich eine Beere an den Zweigen findet. Bei jedem Kuss muss eine Beere gepflückt werden, und wenn die letzte abgepflückt wurde, hat der Spuk ein Ende. In allen europäischen Kulturkreisen galt die Mistel als Förderer der Fruchtbarkeit und Lebensspenderin. Die Kelten und alten Griechen verehrten sie bereits. Die Pflanze selbst ist eigentlich eine Schmarotzerpflanze und macht den Besitzern der Bäume, auf denen sie sich einnistet, nicht wirklich Freude. Sie verwurzelt sich in den Zweigen oder Stämmen des Baumes, durchdringt die Rinde und knüpft sich an die nährstoffführenden Bahnen. Zusätzlich kann sich die Mistel durch eigene Fotosynthese ernähren“ (Bettina Meister). Misteln sind immer grün. Wahrscheinlich sind sie deshalb ein Symbol für Leben und Fruchtbarkeit. Bei Asterix und Obelix ist die Mistel ein Bestandteil des Zaubertrankes und verleiht den Galliern ungeahnte Kräfte. In vielen englischen Weihnachtsliedern ist immer wieder vom Mistelzweig die Rede. Auch wenn es mit dem Küssen unter dem Mistelzweig wahrscheinlich nicht immer klappt: Mir gefällt die Vorstellung, dass sich in diesen Tagen Gott auf den Weg macht, um uns in Jesus zu begegnen. Gott wird Mensch, der Größte wird klein, der Unbegreifliche begreifbar. Gottes Liebe bekommt Hand und Fuß und steht in Jesus leibhaftig vor uns. Da brauchen wir keinen Mistelzweig, um uns von ihm drücken und in den Arm nehmen zu lassen.

C. Nöhren / www.pixelio.de