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19.03.2014 Kategorie: Angedacht

Was Fasten nicht ist

Zusatzbonuspunkte bei Gott sammeln

Ich bin in Bad Pyrmont groß geworden. Dort gibt es die Klinik Dr. Buchinger, seit Jahrzehnten bekannt als Fastenklinik. In meiner frühen Jugend mussten einige Patienten von dort mehrfach in der Woche zum Bahnhof gefahren werden. Warum? Weil auf dem Bahnhof eine Kofferwaage stand, auf der man auch Menschen mit mehr als 150 Kilo mühelos wiegen konnte. Diese Wochen vor Ostern nutzen viele Menschen zum Fasten. Sie verzichten auf alles, was Ihnen sonst zu viel ist: Schokolade, Kaffee, Zigaretten, TV, Internet, Handy, Auto, Alkohol oder andere Annehmlichkeiten. Fasten ist gesund, Fasten belebt Geist und Körper, Fasten hat eine Heilkraft. Fasten hatte immer auch schon etwas Religiöses an sich, etwas, das man auch tun kann, um etwas empfänglicher zu werden für das, was Gott mit einem vor hat. Jesus fastete 40 Tage nach seiner Taufe, um sich auf seine Mission vorzubereiten. Paulus fastete, nachdem er vor Damaskus dem auferstandenen Jesus begegnete. Auch im alten Israel war Fasten eine Methode, sein Leben wieder in die Nähe Gottes zu bringen. Das Volk Israel fastet und bekommt trotzdem dafür von Gott keinen warmen Schulterklopfer. Denn die Leute benutzen das Fasten als Werk, als Leistungssport und Leistungsschau ihres Glaubens, als etwas, das man tut, damit Gott es einem vergilt. Vergelt´s Gott steht dahinter. Sie benutzen das Fasten als frommes Pflichtprogramm. Ihr Kopf ist dabei, aber nicht ihr Herz. Ihr Kopf rechnet durch: Wenn ich faste, dann muss Gott doch gnädig sein; dann kann Gott doch nicht anders, als Leid und Krankheit und Armut von mir zu nehmen. Vielleicht ertappen wir uns jetzt gerade und denken: So fremd ist uns das nicht. Allen Einsatz, den wir so zeigen, alles ehrenamtliche Engagement in Kirche, Politik, Sport, Gemeinwesen: Das muss uns Gott auf seinem Zettelchen doch auch einmal anrechnen. Vielleicht sammeln wir auch gern immer noch ein paar Zusatzbonuspunkte bei Gott, damit dann am Ende wirklich nichts schief gehen kann. Unser Kopf rechnet alles durch. Dabei geht es Gott nicht um unsern Kopf. Es geht ihm um unser Herz. Er will nicht unser frommes Werk, er will unsere Liebe. Er will nicht unseren aufgesetzten Heiligenschein, sondern er will unser Heiligsein, dass wir heilig sind, von ihm heilgemacht, mit heilem Herzen, heilen Beziehungen, heilenden Worten und Gedanken. Das kann er uns schenken, unser Heiland. Darum dürfen wir demütig bitten, aber es nicht hochmütig fordern. Wir dürfen fromme Werke tun, sollen wir sogar. Aber wir sollen es aus Dankbarkeit und Liebe tun und nicht, damit wir am Ende dafür etwas bekommen. Ein simples Rechenspiel: Das ist Fasten nicht. Denn es geht Gott nicht um den Kopf, sondern ums Herz, nicht um unser Werk, sondern um unser Sein.

Rainer Sturm / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann