Es war der letzte heiße Nachmittag dieses Sommers. Das Kaffeetrinken auf der Terrasse machten die Wespen zunichte, beim gemütlichen Abendausklang draußen störten die Mücken, die sich in organisierten Banden auf uns stürzten und uns bis ins Haus verfolgten. So hat alles Schöne im Leben meistens auch eine Schattenseite: Keine Rose ohne Dornen, kein goldener Herbst ohne Sturm, kein heißer Sommertag ohne drohendes Gewitter, keine Zugreise ohne Verspätung, kein Arztbesuch ohne Wartezeit, kein Vollrausch ohne Kater, kein Nationalpark ohne Wilderer, keine Sahnetorte ohne Reue, kein Urlaub ohne Kosten, kein Oktoberfest ohne Dirndl, keine Beziehung ohne Krise, kein Beruf ohne Probleme, keine Demo ohne Spinner, kein Sport ohne Verletzung, kein Schultag ohne Pause und eben kein lauer Spätsommerabend ohne Stechmücken. So schön das Leben auch ist: Es gibt immer irgendwelche Schattenseiten, die wir nicht abschütteln können. Irgendeine Kröte ist immer zu schlucken. Oder etwas blumiger ausgedrückt: Wir werden den Himmel nie ganz auf die Erde holen können. Sollen wir auch nicht. Solange wir leben und die Erde sich dreht, wird es immer Leid, Schmerz und Tod, Verlust und Tränen, verlorene Spiele und persönliche Niederlagen, Unvollendetes und Unvollkommenes geben. Paulus schreibt einmal: "Die ganze Schöpfung seufzt und stöhnt vor Schmerz wie in Geburtswehen – bis heute. Und nicht nur sie! Uns geht es genauso." Die Stechmücke ärgert uns zwar, aber wenn sie nicht aufpasst, kommt Schwalbe oder Fledermaus und frisst sie. Wenn die Amsel durch den Garten hüpft, schaut sie ständig hoch und hütet sich vor der Katze, die wiederum nach dem Hund Ausschau hält. In der Natur herrscht fressen und gefressen werden. Alles sehnt sich mit uns nach Erlösung, nach Frieden, nach Ruhe, nach Erholung, nach Zufriedenheit, nach Vollkommenheit. Und wir warten und hoffen darauf, bis es soweit ist und Gott uns das alles schenkt. Oder wie Paulus sagt: "Ich bin überzeugt: Das Leid, das wir gegenwärtig erleben, steht in keinem Verhältnis zu der Herrlichkeit, die uns erwartet – und die Gott an uns offenbar machen will." Bis es soweit ist, stellen wir uns freudig und getrost den Schattenseiten unseres Lebens. Ob es nun die Sahnetorte oder die Stechmücke ist.

Stefan Klaffehn / www.pixelio.de