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29.07.2014 Kategorie: Angedacht

Gewitterluft

... manchmal auch zwischen Menschen

In diesem Sommer ist Schwitzen angesagt. Nein, es ist keine trockene Sommerluft von einem russischen Festlandhoch, sondern schwül-heiße Atlantikluft. Kaum wird das Wetter besser, sticht die Sonne schon wieder in die feuchte Luft, die Wolken türmen sich gigantisch auf, es gibt foto-freundliche Naturimpressionen, und dann knallt es los. Dächer werden abdeckt, Bäume entwurzelt, Keller laufen voll, Menschen ertrinken oder verlieren durch Blitzschlag ihr Hab und Gut, manchmal auch ihr Leben. Inzwischen können wir zwar Telefongespräche abhören, Computer ausspionieren und shoppen gehen, ohne das Haus zu verlassen. Aber das Wetter haben wir nicht im Griff. Das hatten wir noch nie. Wir können zwar das Regenradar beobachten, auf Wettervorhersagen achten und den Himmel im Blick behalten, aber mal wird es besser und mal wird es schlechter als gedacht. Gewitter kommen und gehen. In aller Regel kündigen sie sich aber an. Manchmal herrscht trotz Sonne auch zwischen Menschen Gewitterluft. Da gibt es Spannungen, Probleme, aufgestaute Energie, die sich blitzartig und laut entlädt. Da scheppert Geschirr, Türen knallen, Schreie zerreißen die Stille. Auch diese Gewitter kündigen sich immer an. Aber im Gegensatz zum Wetter lassen sie sich aber immer beeinflussen, wenn man sich ihnen nicht ausliefern will. Sie lassen sich sogar beenden, bevor sie richtig losdonnern. Wie das geht, erzählen mir oft Paare vor ihrer Goldenen Hochzeit. Sie sagen dann meistens ungefähr Folgendes: "Natürlich gab es auch mal Streit oder Meinungsverschiedenheiten, meistens um - wie wir später merkten - unwichtige Dinge. Aber wir haben uns dann am Abend immer wieder vertragen. Da war die Sache geklärt und niemand war nachtragend." So könnte man andauernde Ehe-Gewitter verhindern: Indem man Meinungsverschiedenheiten bis zum Abend klärt und Streit ausräumt. Das geht natürlich nur, wenn man miteinander redet und offen und ehrlich die lange gewachsenen Gewitterwolken benennt. Dann passiert es meistens, dass die schwüle Gewitterluft verschwindet, die Gewitterwolken lautlos zusammenfallen und ein frischer Wind die Partnerschaft belebt. Das wusste übrigens schon die Bibel, die alltagstauglicher ist als die meisten denken. Wie schreibt schon Paulus: Versöhnt euch wieder und lasst die Sonne nicht über eurem Zorn untergehen (Eph 4,26). Vielleicht nimmt man sich mal im Urlaub Zeit, um gemeinsam die Gewitterluft zu vertreiben, die zwischen Partnern und Freunden, Nachbarn und Kollegen, Eltern und Kindern steht. Das lohnt sich immer, und den Keller muss man danach auch nicht auspumpen.

Rolf Siwula / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann