Früher ging ich in den Semesterferien arbeiten. Ich war als Zusteller für die Post unterwegs. Ich erinnere mich an ziemlich frühe Anfangszeiten. Auf dem Weg zur Arbeit war es morgens noch ganz still. Außer Vogelgezwitscher und ferne Motoren hörte ich nichts. Das änderte sich immer, wenn ich mit dem Fahrrad auf den Posthof einbog. Ich höre noch das laute Poltern der Postkisten, das Verladen der Rollwagen vom Postlaster und laute, markante Männerstimmen, die jeden Morgen dieselben Sprüche von sich gaben. Ich erinnere mich an Hektik und Eile und das für Neulinge wie mich mühsame Sortieren der Briefpost – und an einen aufgeregten Hund, vor dem ich wild strampelnd mit meinem vollgepackten Postrad flüchten musste. Wenn ich mittags von der Tour zurückkam, war es in der Sortierhalle immer viel ruhiger als am Morgen, fast schon still. Was wohl daran lag, dass ich einer der Letzten war, der von der Tour zurück war. Wenn einer Geburtstag hatte, stand auf allen Plätzen eine Flasche Bier, auf meinem eine Cola. Die genoss ich dann beim Aufräumen und Notieren der unzustellbaren Briefe. Stille Post.
Es gibt ja auch ein Kinderspiel, das so heißt. Einer flüstert dem anderen ein schweres Wort ins Ohr (z.B. Latzhose), das derjenige weiter flüstern muss, bis der Letzte das Wort so sagen muss, wie er es verstanden hat (z.B. Schatzdose). Da Kinder mit dem Reden und Hören manchmal Probleme haben, kommen dabei die tollsten Wortschöpfungen heraus. Manche Erwachsenen können sich schwer von dem Kinderspiel trennen und spielen auch später am liebsten stille Post. Sie hören z.B. beim Einkaufen etwas, das jemand gehört hat, der zufällig dabei war, wie einer sagte, dass der oder die etwas gemacht hat, das ... usw. Am Ende dieser stillen Post Runde kommt dann etwas heraus, was mit der Wahrheit rein gar nichts mehr zu tun hat. Ein Gerücht macht die Runde, niemand weiß etwas Genaues, aber tratscht es pflicht- und unschuldsbewusst weiter. Dass man damit Unheil anrichten, andere verletzten, für Irritationen sorgen und Missstimmungen hervorrufen kann, ist denen egal. Hauptsache, man redet mit, obwohl man keine Ahnung hat. Christlich ist das nicht. Es ist kindisch, unreif und sicher nicht erwachsen. Paulus schreibt einmal: Lasst kein faules Geschwätz aus eurem Mund gehen, sondern redet, was gut ist, was erbaut und was notwendig ist, damit es Segen bringe denen, die es hören. Wenn wir uns mal daran halten, werden uns die Themen sicher auch nicht ausgehen. Aber wir verändern das Miteinander in unserer Straße und unserem Dorf, in unserem Beruf und unserer Familie zum Besseren. Garantiert! Stille Post ist etwas für Kinder. Das sollte auch so bleiben.

Susanne Schmich / www.pixelio.de