Bei der Trauerfeier für einen plötzlich im Amt verstorbenen Kollegen wurde mir deutlich, dass ein Pastor / eine Pastorin dreimal für eine übervolle Kirche sorgt: Bei der Einführung in die Gemeinde, bei der Verabschiedung in den Ruhestand (bei einem Stellenwechsel ist die Verabschiedung dann meist nicht so toll und voll), und schließlich dann, wenn man plötzlich und unerwartet mitten aus dem irdischen Leben heraus- und in die himmlische Ewigkeit hineingerufen wird. Dann ist die Kirche voll, übervoll, so dass draußen noch mehr stehen als drinnen sitzen. Eine volle Kirche freut jeden Pastor, aber muss er erst sterben, um das zu erleben? Wären wir Pfarrerinnen und Pfarrer eine Tierart, ständen wir vielleicht schon auf der Artenschutzliste und unter Naturschutz. Denn wir werden immer weniger. Vielleicht gibt es im Harz bald mehr Luchse als Pfarrer in unserer Landeskirche! Wenn man diesen Beruf ergreift, möchte man natürlich nicht erst bei der eigenen Trauerfeier eine große Wertschätzung erfahren. Man braucht auch zwischendurch Ermutigung, Motivation, Inspiration, Care-Pakete in Wort und Tat. Damit man tun kann, was man tun möchte: Menschen begleiten, ermutigen, inspirieren, trösten, mit ihnen lachen und mit ihnen weinen, ihnen das Evangelium ans Herz legen, ihren Glauben wecken und stärken, den Blick auf das Wichtige richten, auf das Ewige, auf das Bedeutungsvolle. Ein Leben muss nicht lang sein, um bedeutungsvoll zu sein. Manchmal hinterlässt ein kurzes, kraftvolles Leben größere und tiefere Spuren als ein langes, lustloses Leben. Und das gilt nicht nur für Pastoren, sondern für jeden. Welche Bedeutung hat eigentlich mein Leben? Lebe ich jetzt schon, oder habe mein eigentliches Leben innerlich auf den Ruhestand verschoben? Bin ich ein Träumer, oder lebe ich meinen Traum? Habe ich Frieden mit meinen Mitmenschen und mit Gott, oder bleiben die Sachen offen, falls ich plötzlich sterbe? Es schadet nichts, diese Novemberfragen zu bedenken. Sonst kommen wir oft nicht dazu. Also nehmen wir uns vor dem Adventstrubel mal Zeit, das Wesentliche zu bedenken. Danach können wir unsere Lieben viel dankbarer beschenken!

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