Ab und zu bin ich als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht in Braunschweig tätig. Mit einem zweiten ehrenamtlichen Richter darf ich den hauptamtlichen Richter bei der Urteilsfindung beraten. Ich vertrete die Arbeitgeberseite und der ehrenamtliche Kollege die Arbeitnehmerseite. So soll der Fall aus beiden Blickwinkeln betrachte werden. Bevor die Verhandlung losgeht, ist meistens etwas Zeit, dass wir Ehrenamtlichen noch ins Gespräch kommen und uns kennen lernen. Mein Gegenüber ist oft ein Betriebsrat oder in einer Gewerkschaft engagiert. Ich warte dann immer auf die Frage: “Und was machen Sie?“ Einmal antwortete ich: "Ich leitete einen Betrieb mit gut 2300 Mitarbeitern." Schweigen. Mein Gegenüber musterte mich von oben bis unten. Sein Schweigen sagte alles über seinen Zweifel. Dann klärte ich ihn schnell auf: "Ich bin Pfarrer und zusammen mit meiner Frau für gut 2300 Gemeindeglieder zuständig." Erleichterung auf der anderen Seite. Trotzdem fand er den Gedanken gut: Denn wer Mitglied in seinem Betrieb war, war Mitarbeiter. Warum sollte es bei der Kirche anders sein? Wenn man sich im Neuen Testament über das Gemeindeleben der ersten christlichen Gruppen informiert, fällt auf, dass es eine Mitgliedschaft ohne Mitarbeit nicht gibt. Wenn man Christ ist, macht man mit; wenn nicht, dann nicht. Heute ähnelt die Kirchenmitgliedschaft eher der Zugehörigkeit zu einem Förderverein: Man zahlt seinen Beitrag und ist sonst froh, nichts weiter machen zu müssen. Dafür gibt es ja den Vorstand und die paar Ehrenamtlichen, die sonst nichts zu tun haben. Ich bin froh und dankbar für alle, die sich irgendwo ehrenamtlich engagieren. Und es ist auch klar, dass man sich nicht überall engagieren kann. Trotzdem ist die Mitgliedschaft in einer christlichen Gemeinde etwas, das mehr umfasst als einen definierten finanziellen (oft unfreiwilligen) Förderbeitrag. Sie umfasst das, was man von Herzen glaubt; den, wem man sich mit seinem ganzen Leben anvertraut; alles, was einem Halt und Hilfe gibt; sie umfasst alles, was unser Leben im Tiefsten ausmacht. Eine stille Mitgliedschaft bei der Kirche gibt es nicht. Wer mit dabei ist, macht dabei mit. Jesus hat Menschen in die Nachfolge gerufen und nicht in einen Stuhlkreis. Deshalb ist Christsein dynamisch, aktiv, mitarbeitend an verschiedenen Stellen in der Gesellschaft. Dazu gehört auch die christliche Gemeinde vor Ort.

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