Als ich jetzt in Braunschweig einen Termin hatte, kam ich an einem Geldinstitut vorbei. Es warb mit dem Spruch: Die WohlfühlBank! Einfach besser! Ich kannte bisher nur so etwas wie eine Wohlfühloase, ein Wohlfühlhotel oder eine Wohlfühl-Beauty-Farm. Mit einer Bank brachte ich ein Wohlfühl-Gefühl bisher nicht in Verbindung. Es gibt ja auch keinen Wohlfühl-Zahnarzt oder eine Wohlfühl-Rentenberatung.
Gibt es eigentlich eine Wohlfühlkirchengemeinde? Während unseres Studiums haben wir in ganz Deutschland viele sehr lebendige und große Kirchengemeinden besucht. In einigen herrschte tatsächlich ein warmes Wohlfühlklima. Zumindest für die, die sich auskannten. Besuchern wie uns fiel es schwer, sich zurecht zu finden. Gibt es während des Gottesdienstes ein Kinderprogramm? Wenn ja: Wo? Für welches Alter? Mich überkamen dann eher Unwohlgefühle, wenn sich keiner um uns kümmerte. Alle hatten sich so lieb, aber neue Gottesdienstbesucher wurden nicht gefragt, ob man ihnen helfen könnte. In einer Gemeinde erlebten wir das Gegenteil: Sie hatten einen extra Begrüßungsdienst eingerichtet. Der freundliche Mann, der uns begrüßte, hatte uns gleich so lieb, dass wir ihn fast nicht mehr loswurden. Aus diesen Erfahrungen stellt sich mir die Frage: Gibt es sie überhaupt, die Wohlfühlkirchengemeinde? Was muss sie haben, damit jeder sich in ihr wohlfühlt? Was ist ES, das manche Gemeinden haben und manche nicht? Und sucht nicht jeder etwas anderes? Was dem einen ganz wichtig ist, könnte den anderen gar nicht interessieren. Manche Christen betreiben Gemeindehopping: Gefällt ihnen etwas an ihrer Kirchengemeinde nicht, suchen sie sich eine andere. Oder sie gründen einfach eine neue. Sie suchen die perfekte Gemeinde, die Wohlfühlgemeinde, die einfach besser ist. Die gibt es aber erst im Himmel. In Raum und Zeit müssen wir mit nicht perfekten Gemeinden leben. Denn gäbe es eine perfekte Gemeinde, wäre sie nur so lange perfekt, bis ich sie besuche. Ich habe schließlich auch meine Fehler und Unvollkommenheiten, bei denen sich nicht jeder wohlfühlt. Und ich mich auch nicht. Niemand ist perfekt. Auch eine Kirchengemeinde kann es nicht sein. Muss sie auch nicht. Denn Gott liebt ja gerade auch die schwachen Menschen, die unscheinbaren, die kleinen und leisen, die nicht perfekten, die unvollkommenen, die ängstlichen, die fragenden und zweifelnden. Eine Kirchengemeinde ist so wie die Menschen, die sie besuchen und an ihr mit bauen: Sie ist nie perfekt. Sie ist eine Gemeinschaft von Unvollkommenen, von Sündern, die wissen, dass sie immer von der Gnade und der Liebe Gottes abhängen. Aber wohlfühlen darf man sich in ihr trotzdem. Weil eben niemand perfekt ist. Außer Gott selbst.
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24.08.2011
Kategorie: Angedacht