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17.05.2018 Kategorie: Angedacht

Allergien

Offenes Miteinander

In diesem sommerlichen Frühling sind die Pflanzen ganz aus dem Häuschen. Früher und heftiger als gewohnt verteilen sie ihre Pollen. Die Waschstraßenbesitzer freuen sich, die Pharmaindustrie freut sich, nur die leidenden Allergiker freuen sich nicht. Beim Anblick saftig grüner Wiesen brechen sie in Tränen aus, bekommen Niesattacken und schnaufen die Packung Papiertaschentücher schneller leer als man sie nachkaufen kann. Während alle draußen das tolle Wetter genießen, verkriechen sich die Allergiker im Haus, reiben sich die roten Augen und überlegen, ob sie sich noch einmal hyposensibilisieren sollen. Dabei bekommen sie im Winterhalbjahr Stoffe verabreicht, die den Körper stark machen sollen, damit er beim nächsten Pollenangriff etwas gelassener damit umgehen kann. Es soll ihm dann nicht so gehen wie dem Braunschweig Fan, der auf den Abstieg angesprochen wird, oder dem Politiker, dem durch eine unbedachte und eigentlich unbedeutende Bemerkung eine allergische Reaktion engagierter Empörter entgegenschlägt. Dieser allergische Automatismus funktioniert auch im kleinstädtisch-dörflichem Kontext: Haste schon gehört? – Nein, echt, wirklich? Oft geht dabei das Maß des Vernünftigen verloren. Vor dem allergischen Aufspulen sollte ein Faktencheck erfolgen: Hat er / sie das wirklich gesagt / getan? Wie war der Zusammenhang? Ist diese Person dafür bekannt, so etwas zu sagen oder zu tun? Passt das zu ihr? Und dann geht man den Schritt, den man aus Bequemlichkeit nicht gehen will: Statt dem Gespräch „über“ suche ich das Gespräch „mit“. Das hätte vielleicht manchen allergischen Anfall unterbunden, und dem gepflegten, offenen Miteinander hätte es gutgetan.

S. Hofschlaeger / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann
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