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31.10.2014 Kategorie: Angedacht

Zeitumstellung

Alles hat seine Zeit

Wenn Sie das lesen, habe ich mich dran gewöhnt. Aber jetzt, zwei Tage danach, bin ich noch ein wenig aus dem Takt. Die innere Uhr tickt anders als die an der Wand. Mein Zeitgefühl sagt mir etwas anderes als meine Armbanduhr. Ich ertappe mich beim Umrechnen der Zeit, was weniger wird wie beim Umrechnen vom D-Mark und Euro. Dafür brauchten wir Jahre. Für die Zeitumstellung brauchen wir Tage. Wir lassen uns nicht per Signal von der Braunschweiger Atomuhr per Funk umstellen. Genauso wenig wie die Kühe im Kuhstall. Jedes Geschöpf hat seinen eigenen Takt. Das gehört zu unserer Würde und unterscheidet uns von einer Maschine. So erinnert uns die Zeitumstellung unbewusst auch an unser Menschsein. Vielleicht ist auch das der Grund, warum der Widerstand gegen die Sommerzeit wächst. Ihr wirtschaftlicher Nutzen ist gering, abgesehen von der Biergartenwirtschaft. Wer genießt denn nicht die Helligkeit an lauen, hoffentlich mückenfreien Sommerabenden? Aber offenbar sind die Kosten höher als der Nutzen. In anderen Bereichen haben die Deutschen mit der Zeitumstellung weniger Probleme. Wenn im September bei sommerlichen Temperaturen der Lebkuchen in den Läden liegt, wenn Stumpenkerzen, Weihnachtsdeko und Marzipankartoffeln den Einkaufswagen kreuzen, hat man keine Chance. Man schlägt zu, denn wer weiß, ob es in der Adventszeit noch Weihnachtsartikel gibt. Das ist genauso gewöhnungsbedürftig wie die Zeitumstellung. Die Zeit kommt aus dem Takt. Niemand käme wohl auf die Idee, das Hochzeitskleid beim nächsten Familiengeburtstag anzuziehen. Das Hochzeitskleid hat - obwohl wunderschön und teuer - seine Zeit. Kein Vernünftiger käme auf die Idee, am 1. April sein Silvesterfeuerwerk zu verpulvern. Auch das Feuerwerk hat - obwohl wunderschön und teuer - seine Zeit. Keine Altstadt wird schon im September die Buden für den Weihnachtsmarkt aufbauen. Denn auch der Weihnachtsmarkt (genauer: Adventsmarkt!) hat - obwohl wunderschön und teuer - seine Zeit. Alles hat seine Zeit. Auch die letzte große Zeitumstellung hat seine Zeit. Dann kommt das Signal nicht aus Braunschweig, sondern direkt von Gott. Die Zeit endet und die Ewigkeit bricht an. Dann kommen wir nicht mehr aus dem Takt, sondern sind im Einklang: Mit Gott und mit uns selbst. Auf diese letzte Zeitumstellung freue ich mich jetzt schon!

Katharina Wieland Müller / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann