Jagdszenen im Vorgarten. Das Amsel-Weibchen wirft sich mitten auf dem Rasen in Pose. Schon kommt das stolze Männchen angehüpft. Kaum will es dem Weibchen nahekommen, schießt aus dem Gebüsch der Konkurrent hervor. Mit lautem Gepiepe stürzt er sich auf den Rivalen. Gezeter, Gehacke, ein paar Federn fliegen, bis der Schwächere die Flucht ergreift. Der Sieger rast hinterher. Im Tiefflug über die Straße. Der Spaziergänger duckt sich, der Radfahrer schlingert und der Autobesitzer im frisch frühjahrsgeputzen Fahrzeug freut sich, wenn der Vogel knapp vor der Seitenscheibe doch noch an Höhe gewinnt und nicht gegen das Fenster klatscht.
Nicht nur Vögel sind blind vor Liebe. Wenn jetzt im Frühling die Nächte, Hosen und Röcke kürzer werden, die Weibchen sich in Pose werfen und die Männchen Hahnenkämpfe ausfechten, kann es schon mal zu ungemütlichen Jagdszenen kommen. Alle ducken sich weg, um einem liebestollen Keiler nicht in die Quere zu kommen, oder üben sich in Blickkontrolle, wenn Weibchen mit ihren Reizen nicht geizen. Die coolste Sonnenbrille hilft bei Liebesblindheit nicht. Im Gegenteil: Besser Augen aufmachen, Hirn einschalten, Warnsignale beachten, kalt duschen oder einfach einen guten Freund / eine gute Freundin fragen, ob er oder sie den Sturz in ein ungewisses Liebesabenteuer ratsam findet oder nicht. Klar, Liebe ist immer ein Wagnis. Man muss etwas riskieren, um sie zu gewinnen. Aber man muss auch nicht blind vor Liebe von einer Gefahr in die nächste schlingern.
Jeder Mensch sehnt sich danach, geliebt zu werden. Oft unternehmen wir die größten Anstrengungen, um dieses Ziel zu erreichen. Nur einer schenkt uns seine Liebe, ohne dass wir dafür etwas tun oder leisten müssen. Wir brauchen nur die Hände aufzuhalten und sie uns schenken zu lassen, die Liebe Gottes, die höher ist als alles Verstehen und Begreifen. Sie gibt es umsonst, gratis, allein aus Gnade. Weil Gott uns einfach liebt, wie wir sind, und seine Liebe uns so verändert, wie wir sein sollen.

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