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24.03.2020 Kategorie: Angedacht, Pfarrverband

Vernetzung

Man konnte in den letzten Wochen denken, Wendeburg sei mitten im Winter zur angesagten Urlaubsregion geworden - wenn man die vielen Autos mit holländischen Kennzeichen sah. Aber statt Wohnwagen ziehen die Autos immer noch täglich Hänger mit Kleinbaggern, Sandhaufen und Kabeltrommeln durch die Gegend. Und statt urlaubsmäßige Ruhe und Erholung zu erfahren, hört man im ganzen Dorf den rustikalen Sound von Rüttelplatten. In dieser Woche kommt die fleißige Baukolonne mit der großen Kabelrolle auch in der Schulstraße an. Highspeed Internet für jeden Haushalt, der es haben möchte. Willkommen im Glasfaser-Zeitalter mit bis zu 1000 Mbit/s.

Ich erinnere mich an die ersten Schritte im Internet Ende der Neunziger mit AOL, einem Modem mit 28.8Kbps und dem nervtötendem Einwahlsound, den man heute nur noch von Faxgeräten oder Matrix-Filmen kennt (falls man die kennt). Verglichen mit heute war das damals Internet in Zeitlupe. Wofür man jetzt wenige Augenblicke benötigt, brauchte man damals mindestens einen halben Tag. Jetzt also Glasfaser für jedes Haus. Vom Point of Presence, dem Hauptverteiler, legt sich das Netz über das Dorf. Oder einen knappen halben Meter unter das Dorf, um genau zu sein. So bleibt jeder mit jedem in Verbindung. Wie wichtig eine gute Vernetzung ist, zeigt sich gerade in diesen Wochen. Neben dem Blödsinn wie Panikmache und Falschmeldungen verbreiten sich auch die guten Nachrichten rasend schnell. Neben geldgeilen Geschäftemachern hören wir von großzügigen Hilfen, erlassenen Mieten, hingebungsvollem Einsatz, großer Liebe und Zuwendung. Neben erschütternden Schicksalen hören wir von hoffnungsvollen Geschichten, von gut vernetzter Hilfe und zupackender Unterstützung. Diese Zeit wird Wunden schlagen, aber wir werden lernen, sie zu verbinden.

Muss Ostern in diesem Jahr ausfallen? Als Familienfest mit Osterbrunch leider ja. Aber als Siegesfeier des Lebens über den Tod, als gesetztes Hoffnungsdatum gegen alle Resignation, als unverschiebbarer Kalendereintrag der Liebe Gottes fällt Ostern nie aus. Das Kreuz ist Gottes Point of Presence, Ort seiner Gegenwart, Hauptverteiler seiner Gnade, von wo aus sich per Highspeed Zuversicht, Hoffnung, Liebe, Glaube, Kraft, Gelassenheit, Trost, Hilfe, Stärke, Mut, Vertrauen, Besonnenheit, Inspiration und Motivation über das ganze Dorf legt, durch jede Straße, in jedes Haus und in jedes Herz.

Ostern fällt nicht aus. Aber der Tod fällt aus. Seine Macht ist vorbei. Jeder darf leben. Über den Tod hinaus. Ostern fällt nicht aus. Licht fällt in Dunkelheit, Leben besiegt Tod. Das ist die beste Nachricht der Welt. Und sie geht bald wieder mit Highspeed um die Welt.
 

Foto: Petra Wesemann

Beitrag von Pfarrer Frank Wesemann