So richtig viel Neues gibt es vom ältesten und größten Verein des Ortes, der Kirchengemeinde, nicht zu berichten. Veränderungen brauchen bei Kirchens ja eher Jahrzehnte statt Jahre. Obwohl – so ganz stimmt das bisher Gesagte ja nicht.
1. ist die Kirche kein Verein. Ja, man tritt aktiv ein bzw. wird als Kind von den Eltern eingetreten. Ja, man zahlt einen monatlichen Betrag, der sich allerdings gerechterweise an der Höhe des Einkommens orientiert. Und ja: Man findet wie in jedem Verein zahlreiche Möglichkeiten, sich aktiv einzubringen. Aber im Unterschied zu einem Sportler oder Brieftaubenzüchter ist man entweder ganz Christ oder gar nicht. Fußballer sein kann ich, wenn ich zweimal die Woche trainiere und am Wochenende ein Spiel habe. Christ kann ich nicht sein, nur weil ich regelmäßig - zum Beispiel einmal im Jahr - zu Weihnachten zum Gottesdienst gehe. Entweder bestimmt mein Gottvertrauen, meine Liebe zu Jesus, meine ungebremste Lebens- und Auferstehungshoffnung mein ganzes Leben 24/7, oder es bestimmt mein Leben nicht. Ein Teilzeit- oder Hobbychristentum kennt die Bibel jedenfalls nicht. Die Kirche ist kein Verein, sondern eine starke Gemeinschaft, die aus dem Dornröschenschlaf der Volkskirchlichkeit wachgeküsst werden muss. Diese Taufpraxis ohne weitere Folgen, diese feucht-fröhliche Christenproduktion ohne anschließenden Pflege- und Wartungsvertrag hat keine fröhlichen, bewussten, mündigen, aktiven und heilsgewissen Christen hervorgebracht, sondern staubige Karteileichen, die keine Ahnung haben, welch eine bahnbrechende und lebensverändernde Bedeutung der Glaube für ihren Alltag haben kann.
Als meine Frau und ich uns im Sommer 2009 in einem Gottesdienst vorstellten und hier bewarben, hörte ich vor der Kirche das lautstarke Getuschel einer älteren Wendeburgerin.
Sie sagte zu einer anderen: "Das ist der, der uns einmal beerdigen wird." Gut, inzwischen haben wir in den Jahren hier über 450 Menschen beerdigt. Das sind ungefähr zahlenmäßig alle Einwohner aus Rüper und Wense zusammen. Oder 90% Sophiental. Und ich wundere mich immer noch, dass viele Trauerfeiern so viel voller sind als unsere Gottesdienste.
Gut, bei uns gibt es danach meistens nichts zu essen. Aber warum bekommt da ein Mensch, von dem wir Abschied nehmen, viel mehr Ehre und Aufmerksamkeit als Gott, der uns zu einem Leben mit ihm bestimmt hat? Seine Liebe dürfen wir jeden Sonntag gemeinsam feiern.
Und nein: Unsere Gottesdienste sind nicht trauriger als eine Trauerfeier.
Wir sind doch nicht nur hier, um noch den einen oder die andere unter die Erde zu bringen, sondern um euch das froh machende, rettende und hoffnungsvolle Evangelium ans Herz zu legen, dass Gott uns liebt, obwohl wir kaum noch von ihm wissen wollen; dass er uns frei macht von den Ansprüchen, den andere oder wir selbst an uns stellen; dass er vergibt, wenn wir Bockmist gebaut haben, und dass wir durch Jesus Frieden mit Gott haben dürfen. Wenn du dich damit beschenken lässt, kann ich dich dann vielleicht auch noch beruhigt unter die Erde bringen. Auch wenn ich das eigentlich viel lieber einem Nachfolger überlassen würde, wenn es denn dann jemanden gibt. Denn mit den Jahren wachsen einem die Menschen hier wirklich ans Herz.

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