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21.02.2019 Kategorie: Angedacht

Lasten loswerden

Jeder trägt sein Päckchen

Die Waage sorgte ganz schön für Verwunderung. Plötzlich stand sie in unserem Gemeindesaal. Sie wurde vormittags für die Schuluntersuchung der künftigen Grundschüler gebraucht. Beim Trauercafé am Nachmittag sorgte sie für blankes Entsetzen. „Da stelle ich mich aber nicht drauf, denn ich war gestern auf einer Geburtstagsfeier“, erklärte eine Besucherin. Da es beim Trauercafé auch Kuchen gibt, bremste die Anwesenheit der Waage leicht den Appetit. Mein Hinweis, dass den Teilnehmern bei den Treffen manche Last genommen werden soll, erleichterte auch nicht jeden. Also hatte ich die Idee, beim nächsten Gottesdienst auch mal eine Waage einsetzen, um das Vorher-Nachher-Gewicht festzustellen. Wenn wir bei Jesus Lasten loswerden können, müsste es doch auch messbar sein, oder? Allerdings gibt es da zwei Probleme: Lasten wie Schuld, Angst, Trauer, Versagen, Sorgen wiegen schwer, sind aber nicht in Gramm messbar. Und zum anderen würden die meisten behaupten, dass sie niemanden brauchen, der ihnen ihre Schuld vergibt, weil sie ja ganz anständig leben und noch nie jemanden umgebracht haben. Daher machen manche der Kirche den Vorwurf, erst den Leuten irgendwelche Schuld einzureden (die sie in Wirklichkeit gar nicht haben), um sie ihnen dann gönnerisch zu vergeben. Wer will schon gern mit den schattigen Seiten seiner Persönlichkeit konfrontiert werden, wenn jeder nur sie süße Schokoladenseite sehen soll? Die Erfahrung lehrt aber, dass bei ehrlicher Betrachtung jeder sein Päckchen zu tragen hat. Oder sein Kreuz, wie Jesus das einmal ausgedrückt hat. Etwas, das drückt, hindert, einschränkt, belastet, erschwert, das gewichtiger ist als ein paar Kilo zu viel. Und die Erfahrung lehrt auch, dass jeder Entlastung braucht und froh ist, wenn er um Lasten erleichtert wird. Z.B. durch ein klärendes Gespräch, ein offenes Ohr, einen guten Rat, den Zuspruch der Vergebung. Wo man all das finden kann, muss ich Ihnen wohl nicht sagen.

S. Hofschlaeger / www.pixelio.de

Beitrag von Pastor Frank Wesemann